Apple CarPlay im Test

Hand zeigt auf auf Screen in einem Auto.

Durch die Vielzahl unterschiedlicher Autohersteller gibt es am Markt viele herstellereigene Infotainment-Systeme mit unterschiedlichen Bedienkonzepten und Designs. Zudem fehlt es oft an Updates der Hersteller; ein eben noch zufriedenstellendes System wirkt in 2 Jahren schon veraltet. Google und Apple wollen hier mit ihren eigenen Systemen Abhilfe schaffen.

In diesem Beitrag haben wir bereits einen Blick auf Android Auto geworfen und einen kleinen historischen Ausflug zu MirrorLink gemacht. Jetzt wollen wir Apples Lösung namens Apple CarPlay etwas näher beleuchten.

Konzept

Was das Konzept betrifft, gibt es im Wesentlichen keine Unterschiede zu Android Auto: auch Apple setzt darauf, das Smartphone mit dem Infotainment-Systems des Autos zu verbinden um verschiedene Apps, etwa Apple Maps, über den Touchscreen des Fahrzeugs zu bedienen.

Apple CarPlay

In wenigen Worten erklärt bietet Apple CarPlay eine angepasste Oberfläche die es erlaubt, die wichtigsten Aufgaben wie Telefonie, Navigation oder Medienwiedergabe bequem und vor allem sicher über das Infotainment System des Autos zu steuern. Der Fokus liegt klar auf Sicherheit, was sich in Form von großen Bedienelementen und der guten Integration von Apples Sprachassistent Siri zeigt. Apple CarPlay ist ab dem iPhone 5 verfügbar.

Setup

Apple CarPlay kommuniziert per USB Verbindung mit dem Fahrzeug. Der erste Setup Prozess kann definitiv nicht einfacher gestaltet sein, da es de facto kein Setup gibt. Die Verbindung zwischen Fahrzeug und iPhone klappt auf Anhieb und es ist keinerlei weitere Konfiguration notwendig. In Sachen Benutzerfreundlichkeit ein großes Plus! Auch bei der allerersten Verwendung kann man das iPhone einfach mit dem Fahrzeug verbinden und sofort losfahren.

Übersicht

Steht die Verbindung, kommt man direkt ins Hauptmenü von Apple CarPlay, welches optisch keinerlei Fragen offen lässt. Apple setzt gezielt auf vertraute UI Elemente aus iOS, wie etwa den Home Button. Die Bedienung ist somit relativ intuitiv, sowohl für Apple Kenner als auch für Apple Neulinge.

Ähnlich wie bei Android Auto setzt auch Apple CarPlay auf Benachrichtigungen, die beispielsweise bei einer eingehenden Nachricht über dem jeweils aktiven Screen angezeigt werden. Eine neue Nachricht lässt sich so mit einem Klick vorlesen, die Antwort erfolgt per Sprachsteuerung.

Im direkten Vergleich zum Startscreen von Android Auto präsentiert sich das Hauptmenü von Apple CarPlay relativ bescheiden in Sachen Funktionalität. Was nicht bedeutet, dass nicht bereits im Hintergrund beispielsweise erahnt wird welches das nächste Fahrziel sein könnte, um dieses beim Start von Apple Maps gleich als Navigationsziel vorzuschlagen.

Navigation

Als Navigationslösung setzt Apple auf das hauseigene Apple Maps. Die Turn-By-Turn Navigation funktioniert einwandfrei, alternative Routen werden automatisch im Hintergrund berechnet um stets die beste Route anbieten zu können. Verlässt man die Kartenansicht, beispielsweise für ein Telefonat, so kommt man immer sofort mit einem einzelnen Klick, im linken oberen Eck zurück zur Karte. Öffnet man Apple Maps im Auto, versucht die App beinahe jedes Mal zu erahnen welches Ziel man hat, zeigt das Ziel an und auf Wunsch lässt sich umgehend die Navigation zum selben Ziel starten.

Zwei negative Aspekte: die offline Navigation ist mit Apple Maps leider nicht möglich und die Praxis hat gezeigt, dass im Vergleich zu anderen Navigationslösungen etwas umständliche Routenführungen berechnet werden.

Apple Carplay Navigation im Auto.
© bluesource

Musik

Im Bereich Musik ist die Auswahl bei Apple CarPlay im Vergleich zu Android Auto leider etwas dürftig. Apple setzt klarerweise hauptsächlich auf Apple Music und die dazugehörige App ist gut durchdacht. Aufgaben, wie zum Beispiel das Durchsuchen der eigenen Musik, sind vom Bedienkonzept sehr benutzerfreundlich und intuitiv.

Leider werden wenige Drittanbieter-Apps unterstützt. Der Platzhirsch Spotify ist zwar kompatibel, nach Amazon Prime Music oder Google Play Music jedoch sucht man leider vergeblich. Man kann aber händisch beispielsweise Amazon Prime Music am iPhone starten und seine gewünschte Playlist abspielen. Über „Now Playing“ sieht man dann zwar Interpret, Songtitel, Buttons für Play/Pause sowie „Previous“(<<) und „Next“(>>), jedoch stehen gewohnte Funktionen wie "Suche" oder "Playlist auswählen" nicht zur Verfügung. Das ist ein großer Wehrmutstropfen für mich.

Richtig problematisch ist, dass man bei einer eingehenden Nachricht, die man mal eben schnell per Sprachsteuerung beantwortet, in die dazugehörige Nachrichten App gewechselt wird. Ist die Antwort gesendet, wird die Wiedergabe der Musik zwar fortgesetzt, jedoch ist die Musik App am iPhone nun im Hintergrund und somit wird auch unter „Now Playing“ nichts mehr angezeigt. In so einem Fall muss man wieder händisch das iPhone entsperren und die App in den Vordergrund bringen. Das kann bei einigen Unterbrechungen leider relativ schnell nerven.

Auto-Bildschirm mit Apple Carplay Music Screen.
© bluesource

Telefon und Kontakte

Wenige Überraschungen und wenig zu erzählen: Anrufliste, Tastenfeld, Kontakte... die Telefon App in Apple CarPlay bietet das, was man von einem Telefon erwartet, nicht mehr und nicht weniger. Auch hier positiv zu erwähnen ist die intuitive Bedienung. Etwas weniger gefällt mir bei dieser App das Design, es ist schlicht und flach gehalten. Grundsätzlich nicht schlecht, das etwas frischere Design mit Kontaktfoto unter Android Auto hat jedoch etwas mehr Appeal.

Auto-Bildschirm mit Apple Carplay Ziffernblock-Screen zum Tätigen von Anrufen.
© bluesource

Hey Siri!

Apple’s Sprachassistent Siri ist das Herzstück von Apple CarPlay wenn es um die Bedienung der meisten Funktionen geht; egal ob Anrufe, Nachrichten oder die Adresssuche bei der Navigation. Die meisten Funktionen können oder müssen teilweise per Sprachbefehl bedient werden. Wie schon am iPhone gewohnt lässt sich auch in Apple CarPlay der Sprachassistent jederzeit mit „Hey Siri“ starten.

Zur Funktionsweise von Siri selbst muss man nicht viel sagen und die Spracherkennung funktioniert gewohnt zuverlässig und schnell. Das Erkennen von Befehlen und die Bedienkonzepte in Kombination mit Sprachkommandos funktionieren bei CarPlay gefühlsmäßig sogar etwas besser und zuverlässiger als mit Googles Pendant.

Sicherheit

Sicherheit steht auch bei Apple CarPlay ganz oben. So wie bei Android Auto ist es auch hier nicht möglich, etwas per Tastatur zu schreiben. Ein großer Fokus liegt auf der Bedienung per Sprache, um die Aufmerksamkeit des Lenkers nicht zu sehr vom Straßenverkehr abzulenken.

Was die Bedienung des Smartphones selbst betrifft, verfolgt Apple ein anderes Konzept im Vergleich zu Android Auto. So ist es leicht, das Smartphone trotzdem zu nutzen. Ob dies tatsächlich so gewollt ist kann ich nicht beurteilen, bei mir funktioniert es auf alle Fälle. Das Spannende daran: es ergeben sich dadurch interessante Multi-Display Möglichkeiten. Navigiert man beispielsweise mit Apple Maps, sieht man am entsperrten iPhone Display in der Handyhalterung die Liste der nächsten Navigationsanweisungen.

Ausblick

In den Apple CarPlay Einstellungen am Smartphone findet man bereits Infos zu Wireless Apple CarPlay, allerdings fehlt in diesem Punkt aktuell noch vielfach die Unterstützung der Infotainment-Systeme. Gerade für kürzere Autofahrten wäre eine kabellose Variante wünschenswert. Das Zusammenspiel von Auto und Smartphone konnte ich bisher nur beim Wechsel zwischen Tag- und Nachtmodus anhand der Lichtautomatik des Autos bewusst erkennen. Ob und welche Daten in Zukunft noch vom Auto verwendet werden könnten, ist unklar.

Résumé

Beim Résumé zu Apple CarPlay sind wir etwas zwiegespalten. Wie schon bei Android Auto stellt sich auch hier sehr schnell der Gewöhnungseffekt ein, so dass man auf Apple CarPlay während der Fahrt nicht mehr verzichten möchte. Die Bedienung klappt gut und die Bedienkonzepte gefallen im Großen und Ganzen.

Der positivste Aspekt ist das Wegfallen des Setups. Ein System das wirklich per Plug&Play benutzbar ist, hat die besten Chancen auf eine hohe Akzeptanz und gute Verbreitung. Zudem wird die Verbindung zuverlässig beim Anstecken des Smartphones automatisch hergestellt und ist bisher auch noch nie ausgefallen.

Doch jetzt kommt das große ABER....

Die restriktive Politik von Apple bezüglich der Unterstützung von Drittanbieter-Apps, lässt leider viele lieb gewonnenen Apps außen vor. Beispielsweise erhält man wesentlich mehr Nachrichten über die diversen Messenger als per SMS; somit bleibt Apple CarPlay relativ oft stumm wenn eine neue Nachricht eintrifft. Gleiches gilt für die Unterstützung zusätzlicher Musik-Apps. Man lässt sich sicher gerne von den Vorteilen von Apple Music überzeugen, das ändert jedoch nichts daran, dass man vielleicht seit Jahren seine Musiksammlung und alle Playlists bei Google Music angelegt hat und ein Wechsel somit nicht in Frage kommt.

Wirklich lästig wird dieser Aspekt aber erst im Bereich der Navigation. Egal ob man offlinefähige Apps kostenloser (Google Maps, Here Maps) oder kostenpflichtiger Anbieter (Navigon) nutzt, die offline gespeicherten Karten zur Navigation nützen einem leider nichts solange Apple CarPlay die jeweiligen Apps nicht unterstützt. Macht man sich also auf den Weg in ein Gebiet mit schlechtem/keinem Empfang oder gar ins Ausland, muss das Handy wieder wie gewohnt in die Halterung und als Offline-Navi fungieren. Zwar hat Apple in der WWDC 2016 Neuerungen in der Apple Maps App in iOS 10 vorgestellt, diese betreffen jedoch hauptsächlich Benutzerfreundlichkeit und grafische Verbesserungen. Eine Offlinefunktion wurde bisher nicht angekündigt.

Nichts desto trotz ist auch Apple CarPlay ein noch sehr neues System, welches in dem was es bereits kann, sehr ausgereift wirkt. Es lohnt sich auf jeden Fall zu beobachten wie es sich weiter entwickelt.

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