Google Cardboard - Virtual Reality (quasi) zum Null-Tarif

Von Oculus Rift und ähnlichen Brillen hat mittlerweile schon so gut wie jeder einmal etwas gehört: Mit Virtual Reality Brillen kann man Realität und Simulation verschmelzen. Darüber haben wir auch bereits im Artikel "Mixed / Virtual / Augmented Reality: Zwischen Realität und Simulation" berichtet. Doch die wenigsten Menschen konnten eine solche Brille bisher ausprobieren, denn sie sind entweder sehr teuer oder noch gar nicht erhältlich. Bevor man sich solch eine teure Brille kauft, sollte man außerdem wissen, ob man diese überhaupt längere Zeit tragen kann: Zwischen den Kopfbewegungen und den dadurch ausgelösten Änderungen in der Szene, die man in der Brille sieht, kann es Verzögerungen geben, weshalb manchen Personen schwindlig wird. Doch es gibt auch eine günstige Alternative.

Das Google Cardboard

Wer ein moderneres Android Gerät besitzt, kann jetzt zur Billiglösung von Google greifen: Das Google Cardboard. Das Google Cardboard ist eine Bauanleitung für eine Virtual Reality Brille, welche das Smartphone zur Anzeige nutzt. Bastelt man sich das Gehäuse selbst aus dünnem Karton, so kommen die Anschaffungskosten auf ca. 10 € für die zusätzlichen Materialien wie die Linsen und Neodym Magnete. Möchte man alles vorgefertigt kaufen und nur noch selbst zusammenfalten, so kostet es etwa 15 bis 20 €. Man kann das Cardboard von verschiedenen Herstellern beziehen, es ist in verschiedenen Größen (für verschiedene Smartphones) und von manchen Herstellern auch in haltbareren Varianten aus Aluminium oder Kunststoff erhältlich.

 

Google Cardboard Bauanleitung
© google.com

Die Funktionsweise

Um das Cardboard zu nutzen, startet man am Smartphone die gewünschte App und legt das Smartphone in das Cardboard Gehäuse. Ist NFC aktiviert, so startet die Google Cardboard App durch den verbauten NFC-Tag automatisch beim Einlegen. Nach dem Schließen des Gehäuses kann man durch die Linsen ein 3D Bild sehen. Die Technik nennt sich Stereoskopie: Beide Augen bekommen auf dem Display leicht unterschiedliche Bilder zu sehen, dadurch entsteht der 3D Effekt. In manchen Anwendungen kann man selbst mit der Szene interagieren, in anderen sieht man nur ein Video. Die Interaktionsmöglichkeiten sind stärker eingeschränkt als bei einer herkömmlichen App oder als bei einer Oculus Rift, da man weder einen Controller hat, noch auf den Touchscreen Zugriff hat. Interaktion ist durch Blicke in eine bestimmte Richtung (zum Beispiel zum Boden oder zur Decke) oder durch langes Blicken auf einen bestimmten Punkt in der Szene möglich. Zudem hat Google einen Magnetschalter am Cardboard angebracht. Dieser nutzt den Magnetsensor des Smartphones, der beispielsweise auch das Smartphone an- und ausschalten kann, wenn es sich in einer Hülle mit aufklappbarem Deckel befindet.

Google Cardboard mit Smartphone
© yahoo.com

Anwendungen

Die Anwendungen beschränken sich größtenteils auf Videos und kleine Spiele, bei denen man nur eine Taste benötigt. So gibt es zum Beispiel 3D gerenderte Achterbahnfahrten, entspannende 3D Szenen in denen man sich einfach nur umsehen kann oder sphärische Videoaufnahmen von Autorennen. Besonders empfehlenswert sind auch die Szenen von Vrse. Es erscheinen stetig neue Anwendungen für das Cardboard mit interessanten und spektakulären Szenen und Spielen. Wirklich nützliche Anwendungen sucht man aber eher vergeblich, lediglich ein paar Anwendungen zum Anzeigen von stereoskopischen Bildern oder Panoramabildern sind verfügbar. Der Unterhaltungswert steht eindeutig im Vordergrund.

Google Cardboard Screenshot
© bluesource.at

Haltbarkeit und Tragekomfort

Getrübt wird der Spaß ein wenig für Brillenträger, denn selbst wenn man kurzsichtig ist, benötigt man dank der verbauten Linsen eine Brille, um die Szene scharf zu sehen. In der Standardgröße des Cardboards für 5 Zoll Geräte kann man jedoch keine Brille tragen, wenn man durch das Cardboard blickt, denn dafür ist das Gehäuse zu schmal. Bei der größeren Variante kann man eine Brille tragen, jedoch passt diese sich dann nicht mehr so gut an die Kopfform an und man hat mitunter störende Lichteinfälle durch die entstandenen seitlichem Spalten. Auch der Tragekomfort ist nicht der beste, vor allem die Nasenauflage ist unangenehm und man kommt leicht ins Schwitzen, wenn die Stirn gegen den Karton gepresst wird. Das beeinträchtigt auch die Haltbarkeit des Cardboards. Der Karton wird dort wo die Stirn aufliegt feucht und die Lasche zum Öffnen und Schließen des Cardboards verknickt leicht durch die starken Klett-Streifen, die das Gehäuse geschlossen halten. Der Tragekomfort und die Haltbarkeit lassen sich deutlich verbessern, wenn man selbst ein paar Erweiterungen bastelt. Dazu benötigt man lediglich etwas Klett-Band. Daraus kann man sich einerseits einen Trageriemen basteln, damit man das Cardboard bei der Benutzung nicht ständig festhalten muss, andererseits lässt sich aus der weichen Seite des Klettbands eine angenehmere Nasen- und Stirnauflage schaffen.

Google Cardboard auf hellem Hintergrund
© bluesource.at

Alternativen

Wenn man sich ein Cardboard, oder ein etwas stabileres VR-Gehäuse für sein Smartphone kauft, sollte man aufpassen, dass dieses mit den Google Cardboard Apps kompatibel ist. Bei einigen Gehäusen fehlt beispielsweise der Magnetschalter, wodurch sich einige Anwendungen nicht bedienen lassen. Wer kein Android Gerät besitzt, sondern beispielsweise ein iPhone, der muss auch nicht ganz auf das Erlebnis verzichten, denn es gibt auch bereits für iOS Cardboard Anwendungen, jedoch nicht so viele wie für Android.

Fazit

Wegen des geringen Preises des Cardboards kann man über die Probleme mit der Haltbarkeit und dem Tragekomfort hinwegsehen. Und aufgrund der höheren Bildschirmauflösung ist das Erlebnis sogar besser als beim ersten Development-Kit der Oculus Rift. Das Cardboard ist jedem zu empfehlen, der gerne einmal eine Virtual Reality Brille probieren möchte. Klar, die professionellen Brillen bieten ein noch besseres Erlebnis, haben eine geringere Latenz und lassen sich als Display an den Computer anschließen, um das 3D-Erlebnis mit vielen Computerspielen zu genießen, dafür sind die Kosten aber auch um ein vielfaches höher. Das Cardboard ist als Einsteigergerät ein nettes Spielzeug für zwischendurch – mehr aber auch nicht.

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